1) Üb immer Treu und Redlichkeit
bis an dein kühles Grab,
und weiche keinen Finger breit
von Gottes Wegen ab.
2) Dann wirst du, wie auf grünen Au'n,
durchs Pilgerleben gehn;
dann kannst du, sonder Furcht und Graun,
dem Tod ins Auge sehn.
3) Dann wird die Sichel und der Pflug
in deiner Hand so leicht;
dann singest du beim Wasserkrug,
als wär dir Wein gereicht.
4) Dem Bösewicht wird alles schwer,
er tue was er tu;
der Teufel treibt ihn hin und her
und lässt ihm keine Ruh.
5) Der schöne Frühling lacht ihm nicht,
ihm lacht kein Ährenfeld;
er ist auf Lug und Trug erpicht
und wünscht sich nichts als Geld.
6) Der Wind im Hain, das Laub im Baum
saust ihm Entsetzen zu;
er findet nach des Lebens Traum
im Grabe keine Ruh.
7) Dann muss er in der Geisterstund
aus seinem Grabe gehn
und oft, als schwarzer Kettenhund,
vor seiner Haustür stehn.
8) Die Spinnerinnen die, das Rad
im Arm, nach Hause gehn,
erzittern wie ein Espenblatt,
wenn sie ihn liegen sehn.
9) Und jede Spinnestube spricht
von diesem Abenteuer
und wünscht den toten Bösewicht
ins tiefste Höllenfeuer.
10) Der alte Kunz war bis ans Grab
ein rechter Höllenbrand:
Er pflügte seinen Nachbar ab
und stahl ihm vieles Land.
11) Nun pflügt er als ein Feuermann
auf seines Nachbars Flur
und misst das Feld hinab hinan
mit einer glühnden Schnur.
12) Er brennet, wie ein Schober Stroh,
dem glühnden Pfluge nach
und pflügt und brennet lichterloh
bis an den hellen Tag.
13) Der Amtmann, der die Bauern schund,
in Wein und Wollust floss,
trabt nachts, mit seinem Hühnerhund
im Wald auf glühndem Ross.
14) Oft geht er auch am Knotenstock
als rauher Brummbär um
und meckert oft als Ziegenbock
im ganzen Dorf herum.
15) Der Pfarrer, der aufs Tanzen schalt
und Filz und Wuchrer war,
steht nachts als schwarze Spuckgestalt
um zwölf Uhr am Altar.
16) Paukt dann mit dumpfigem Geschrei
die Kanzel, dass es gellt,
und zählet in der Sakristei
sein Beicht- und Opfergeld.
17) Der Junker, der bei Spiel und Ball
der Witwen Habe fraß
kutschiert, umbraust von Seufzerhall
zum Fest des Satanas.
18) Im blauen Schwefelflammenrock
fährt er zur Burg hinauf.
Ein Teufel auf dem Kutschenbock,
zwei Teufel hinten auf.
19) Sohn, übe Treu und Redlichkeit
bis an dein kühles Grab,
und weiche keinen Finger breit
von Gottes Wegen ab!
20) Dann suchen Enkel deine Gruft
und weinen Tränen drauf;
und Sommerblumen, voll von Duft
blühn aus den Tränen auf.
Das Lied thematisiert die Ideale von Treue und Redlichkeit bis zum Tod und warnt vor den Konsequenzen eines unethischen Lebens. Der Text schildert das Schicksal von bösen Menschen, die nach ihrem Tod in der Hölle leiden müssen, während die Tugendhaften Frieden finden. Es werden Beispiele von verwerflichen Charakteren gegeben, deren gewaltsamer und betrügerischer Lebensstil sie in die Misere führt. Das Lied schließt mit der Hoffnung, dass die Nachkommen der Tugendhaften die Gräber ihrer Vorfahren besuchen und in Erinnerung an sie weinen, während Schönheit und Frieden aus dieser Trauer entstehen.
Liedtext & Noten
Das Lied Üb immer Treu und Redlichkeit ist in folgenden Liederbüchern mit Text zu finden:Cover | Liederbuch | Nummer | Tonart | Takt | Noten | Akkorde | Kaufen |
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